Spielvorbereitung
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Was ist machbar, was ist realistisch? Irgendwo an einem Freitag in Deutschland. Der Trainer hat seine Spieler ins Klubhaus gebeten. Morgen steht ein wichtiges Spiel an. Die Spieler sind vollzählig erschienen. In den folgenden zwei Stunden sollen die Stärken und Schwächen des Gegners noch einmal intensiv durchgesprochen werden. Der Co-Trainer schaltet den Recorder ein, die Videoanalyse beginnt... Fast alle Trainer wissen, dass eine solche Szene höchst unrealistisch ist. Als aktiver Spieler ist mir leider nur zu genau bewusst, dass die Wirklichkeit anders aussieht: Zu oft bekommt die Mannschaft vom Trainer vor dem Anpfiff lediglich mit auf den Weg, "sich zu konzentrieren, aggressiv zu sein und den Gegner zu schlagen." Der folgende Artikel möchte aufzeigen, dass es auch anders geht, dass Trainer sehr wohl - auch ohne den Einsatz aufwendiger Technik und Medien - eine sinnvolle Spielvorbereitung durchführen können. Nach dem Spiel Die Vorbereitung der Mannschaft auf ein Spiel
beginnt nicht erst am Tag des Matches, sondern bereits unmittelbar nach
dem Abpfiff des vorigen Spieles. Bei einem Sieg der eigenen Mannschaft
sollte der Trainer anschließend Worte der Anerkennung finden,
bei einer Niederlage die Moral des Teams wieder stärken. Er hat
dafür Sorge zu tragen, dass Verletzte Spieler sofort behandelt
werden oder sich, wenn schwerwiegende einer Untersuchung ins Krankenhaus
begeben. Zwischen den Spielen Am Montag gehört das Studium der lokalen Sportpresse zu den Aufgaben des Trainers. Viele lokale Zeitungen nutzen die Samstagsausgabe dazu, ihre Leser auf die Partien des Wochenendes einzustimmen. Auch dies ist eine gute Gelegenheit, aktuelle Informationen über den Gegner einzuholen, obwohl man den Aussagen nicht immer hundertprozentig vertrauen sollte. Gerade "alte Trainerhasen" setzen die Presse gezielt dazu ein "Falschinformationen" über angeblich verletzte und beruflich oder privat verhinderte Spieler zu streuen. Spielbeobachtung Erstrebenswert wäre auch das Beobachten
des nächsten Gegners mit "eigenen Augen". Da die Spiele
aber in der Regel alle samstags zur selben Zeit angepfiffen werden,
ist dies nur in Ausnahmefällen - etwa bei Spielverlegungen - möglich.
Bei besonders wichtigen Matches kann man aber vielleicht den Co-Trainer,
so vorhanden, mit einer Spielbeobachtung beauftragen und anschließend
mit ihm eine Gegneranalyse durchführen. Stellt man Betreuer, verletzte
Spieler oder gar Vorstandsmitglieder zu Spielbeobachtungen ab, ist es
unabdingbar vorher sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, ein Spiel
zu "lesen" und so tatsächlich relevante Informationen
zu gewinnen. Auch wenn man eine gegnerische Mannschaft, kurz bevor man auf sie trifft, nicht beobachten kann, gibt es weitere Möglichkeiten, Rückschlüsse über Stärken und schwächen des Teams zu ziehen. Hier ist ein vernünftig angelegter, sorgfältig, ausgefüllter und anschließend archivierter Spielbeobachtungsbogen ein wichtiges Hilfsmittel. Der Bogen sollte zumindest Raum für den Namen der Spieler, ihre Aktionsräume, das Grundsystem, Freistoßvarianten sowie Einzelspieleranalysen bieten. Mit Hilfe dieses Bogen kann der Trainer in der Rückrunde Erkenntnisse aus der hinrunde oder in der Hinrunde Erfahrungen aus der vorige Saison in die Spielvorbereitung einfließen lassen. Allerdings gilt es den Spielbeobachtungsbogen durch aktuelle Informationen zu ergänzen. Die Einheit Die Trainingstage in der Woche, an den eigenen Stärken zu feilen, eigene Schwächen zu beheben, sich auf die Stärken des kommenden Gegners einzustellen uns auf seine erkannten Schwachpunkte einzugehen.. Möchte der Trainer die eigenen Stärken festigen und die Schwächen des vorherigen Spieles abstellen, muss er sich vor dem ersten Trainingstag vor Augen rufen, was im letzten Spiel besonders gut und was schlecht lief. Dabei helfen ihm wesentlich seine schriftlichen Aufzeichnungen, die er - hoffentlich - während des Spiels angefertigt und möglichst am Abend nach dem spiel ergänzt hat. Auch wenn man mit einem Wochen- oder noch längerfristigen Trainingsplan arbeitet, muss der Trainer so flexibel sein, vom aufgestellten Plan abzuweichen, um z.B. gravierende Mängel zu beseitigen oder zumindest zu minimieren. Hat man durch Spielbeobachtungen oder sonstige Informationsquellen Schwachstellen beim Gegner ausgemacht, muss man im Training gezielt versuchen, aus diesem Kapital zu schlagen. Leider treten in der Realität immer wieder Umstände ein, die einer intensiven Spielbeobachtung enge Grenze setzen. Hier sind die Flexibilität und Improvisationskunst des Trainers gefragt. Erste Mannschaftssitzung Nach dem ersten Trainingstag sollte eine Mannschafts-, und Einzelkritik im Rückblick auf das letzte Spiel vorgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt ist das letzte Match allen noch in guter Erinnerung. Hierbei sollten folgende Dinge angesprochen werden: - Eine Allgemeinbetrachtung des Spieles in der
Reihenfolge Mannschafts-, Gruppen- und Einzelkritik. Positive Dinge werden dabei stets zuerst erwähnt, anschließend wird Kritik geübt. Hierbei ist wichtig, dass der Trainer nie die Person, sondern immer die Leistung kritisiert. Bei besonders sensiblen Spielern kann es zudem notwendig sein, entscheidende Fehler zuvor bereits unter vier Augen zu besprechen. Bei allen Besprechungen gilt, dass ihre Länge der Aufnahmefähigkeit der Spieler angepasst sein muss. Diese nimmt erfahrungsgemäß nach 20 Minuten drastisch ab; ein Trainer sollte deshalb seine "Sitzungen" nicht länger ausdehnen. Außerdem wird die Fähigkeit Informationen zu speichern durch die Gestaltung einer Besprechung beeinflusst. Verläuft die Kommunikation nur in einer Richtung, nämlich vom Trainer zu den Spielern, werden viele Spieler schon nach deutlich weniger als 20 Minuten "abschalten". Daher ist es unerlässlich, dass der Trainer, ohne selbst das Heft aus der hand zu geben, die Spieler mit ins Gespräch einbezieht. Wie ein guter Moderator muss er sie zu einzelnen Szenen befragen, sie Abläufe erläutern lassen und in Entscheidungsprozesse einbeziehen. Zweite Mannschaftssitzung Eine weitere Mannschaftsbesprechung ist nach dem letzten Trainingstag der Woche Bestandteil der Spielvorbereitung. Mit Hilfe einer Tafel, einer Flip-Chart oder auch einem einfachen, großformatigen Papierbogen sollten folgende Punkte angesprochen werden: - den eigenen und gegnerischen Tabellenstand
ins Gedächtnis rufen und die Zielsetzung für das Spiel erläutern Normalerweise bietet die Bekanntgabe der Aufstellung während der Mannschaftsbesprechung nach dem letzten Trainingstag den Vorteil, dass man die Taktik, Festlegung von Spezialaufgaben und eventuelle Gegnerzuordnung mit den konkret vorgesehenen eigenen Spieler und nicht nur anhand von Positionen durchsprechen kann. Anderseits zeigt die Erfahrung als Trainer, dass das Benennen der Startaufstellung bereits vor dem Spieltag unerwünschte Reaktionen hervorrufen kann: Eigene Spieler lassen sich durch die Sicherheit von Beginn an anzulaufen dazu verleiten, sich nicht adäquat auf das Spiel vorzubereiten. Andere Spieler, denen der Trainer zunächst einen Platz auf der Bank zugewiesen hat, tun es ihnen gleich ("ich spiel ja sowieso nicht!") oder erscheinen erst gar nicht zum verabredeten Treffpunkt, da sie nicht in der Lage sind, die Enttäuschung angemessen zu verarbeiten. In den meisten Vereinen kann man aber nicht einfach auf diese Spieler verzichten, da die Mannschaftskader in der Regel selten mehr als 12 Spieler umfassen und man in der Zukunft zurück greifen muss. Der Trainer muss als gute Pädagoge also in diesem Punkt selbts abwägen, welcher Weg für ihn der richtige ist. Am Ende der Besprechung sollte der Trainer noch einmal an eine vernünftige Ernährung und Lebensweise der Spieler appellieren. Dies versteht sich zwar im Grunde von selbst und hat bereits vor der Saison zu erfolgen; als Trainer kennt man aber seine "Pappenheimer". Eine Wiederholung kann nicht schaden! Gerade in vielen Mannschaften wird aber in dieser Beziehung eine disziplinierte Vorbereitung selbst auf ein wichtiges Meisterschaftsspiel nur schwer zu erzielen sein. Viele Spieler nutzen den Freitagabend zum Discobesuch oder genießen mit Freunden ein oder zwei Glas Bier mehr als für die sportliche Leistung am nächsten Tag förderlich ist. Hier sind dem Einfluss der Trainers Grenzen gesetzt. Auch bei den Besprechungen muss der Trainer auf diesem Leistungsniveau die Wirklichkeit und das Machbare im Auge behalten. Wer nur zweimal in der Woche trainieren kann, möchte mit seinen Spielern möglichst viel der kostbaren Zeit auf die Bahn verbringen, anstatt diese für die theoretische Unterweisung zu nutzen. Da die theoretische Schulung aber genauso zum Training gehört wie die praktische Arbeit, muss versucht werden, die Besprechungen im Anschluss an das Training auf der Bahn stattfinden zu lassen und es so zu verlängern. Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass Spieler, die im Schichtbetrieb arbeiten und zu Nachtschicht müssen, die Besprechung versäumen. Der Spieltag Am Spieltag schließlich kann ein engagierter Trainer zum letzten Mal für eine gute Spielvorbereitung sorgen. Seine Aufgaben sind vielfältig und umfassen: - Organisation gemeinsamer Auswärtsfahrten,
nach Möglichkeit in einem bequemen Reisebus Am Spieltag gilt, dass die Kabine ein Ort für
Trainer, Mannschaft und Betreuer ist. Überflüssige Personen
wie Vorstandsmitglieder, Freunde der Spieler oder gar mitgereiste Zuschauer
müssen aus der Kabine entfernt werden. |